Archiv der Kategorie: Weinregionen
Faszination von Lieblingsweinen
Interessante Vergleiche – emotionale Geschichten – Raubkatze und Riesling
Wie wird ein Wein zum Liebling? Das kann sehr unterschiedliche Gründe haben, die nicht nur mit dem Geschmack zusammenhängen. Oft stecken spannende, emotionale, persönliche Geschichten hinter faszinierenden Lieblingsweinen. Dies konnten Weinfreundinnen und Weinfreunde bei einer “Lieblingsweinprobe” zum Start in den November (2024) in Bensheim erfahren. Die Weingilde hatte Mitglieder und Interessierte eingeladen, ihre (möglichst jungen und aktuellen) persönlichen Lieblingsweine vorzustellen.
Reife Aromen – frische Säuren – cremige Eleganz
So wurde in der Probe ein 2023 Sauvignon Blanc präsentiert, der in verschiedenen Weinbergen bei Deidesheim (Weingut von Winning) gewachsen ist und durch “reife Aromen von Maracuja und gelber Stachelbeere bei frischer Säure” das Herz eines Weingilde-Mitglieds erobert hat. Bei der Lieblingswein-Probe konnten interessante Vergleiche gezogen werden: Zum Beispiel zwischen einer 2021er Weißburgunder Spätlese (trocken) von der Bergstraße (Weingut Simon-Bürkle, Zwingenberg) und einem ebenfalls trockenen 2023er Weißburgunder-Gutswein von der Nahe (Weingut Emmerich-Koebernik, Waldböckelheim), der durch seine Frische und cremige Eleganz (“so ein junger Wein und soviel Frucht”) begeistert.
Bemerkenswerte Rieslinge konnten ebenfalls verglichen werden: Ein halbtrockendes 2021er Riesling-Hochgewächs vom Mittelrhein (von der Weinbruderschaft Breyer Hämmchen) und ein raffiniert dosierter 2023er Riesling aus Rheinhessen – von einem Winzer (Wildener, Nack), der seine Weine mit Katzen auf dem Etikett vermarktet: Auch Vermarktungsideen und Etiketten können Weinfreunde faszinieren …
Ein Weingilde-Mitglied hatte als Lieblingswein einen 2020er Spätburgunder vom Weingut Steinmüller (Bensheim-Auerbach) aus seinem Keller mitgebracht – und so an den im Mai 2022 verstorbenen Winzer Rolf Steinmüller erinnert.
Vorgeschmack: Viognier-Probe für 2025 geplant
Nach den Lieblingsweinen gab die Weingilde zudem einen “Vorgeschmack”: Die Probenteilnehmer konnten einen spanischen Wein der Rebsorte Viognier kosten. Denn dieser Rebsorte Viognier will die Weingilde 2025 eine eigene Veranstaltung widmen. Hintergrund: Diese von der Rhône stammende Sorte gilt als besonders aromatisch und komplex – sie war in den 1960er Jahren fast verschwunden und ist heute wieder populär. Warum das so ist, soll eine Probe mit Viognier-Weinen aus aller Welt zeigen, die für 2025 vorgesehen ist. Weitere Informationen zum Programm der Weingilde Bergstraße unter weingilde-bergstrasse.de.
Beeindruckende Bordeaux-Probe
Im Bukett Cassis, Brombeere und Schwarzkirsche?
Bordeaux-Präsentation der Weingilde informiert auch über Krise und Perspektiven
Mit einer monatelang intensiv vorbereiteten Probe konnten Mitglieder und Gäste der Weingilde Bergstraße Europas größtes Weinanbaugebiet im Oktober 2024 noch besser kennenlernen. Winfried Christ hatte die Gesamtorganisation dieser Probe mit acht interessanten Weinen übernommen – er wurde bei diesen Aufgaben von mehreren Weinkennern der Gilde unterstützt. Die Herausforderung: Im Weinbaugebiet Bordeaux (auf Französisch: Bordelais) gibt es etwa 3000 Château genannte Weingüter – mit einer Anbaufläche von insgesamt mehr als 100tausend Hektar. Zum Vergleich: Die Wein-Anbaufläche an der Hessischen Bergstraße liegt bei etwa 465 Hektar.
Die Probe informierte über das Anbaugebiet, die vorgestellten Weingüter mit ihrer Lage, ihren Böden, Rebsorten und Arbeitsweisen. Dabei konnten die Teilnehmer ihre eigenen Geruchs- und Geschmackseindrücke mit den kreativen Beschreibungen vergleichen, die von prominenten Weinkritikern und Marketingfachleuten formuliert wurden. Besticht der granatviolette Merlot tatsächlich durch lebhafte Noten von gebackenen Pflaumen, schwarzen Kirschen und Himbeerkonfitüre? Gefolgt von geschmolzenem Lakritz, gemahlenen Nelken und Sandelholz? Ist der Geschmack wirklich vollgepackt mit dunklen Früchten und exotischen Gewürzakzenten – umrahmt von weichen Tanninen und viel Frische, um den Gaumen im Abgang unendlich lang zu verwöhnen? Ist im Bukett Cassis, Brombeere und Schwarzkirsche gepaart mit feinen Anklängen von Pfeffer – auch in unseren Nasen? Und am Gaumen mit Schokolade überzogene Pflaumen mit Trüffelakzenten? Tragen samtig-weiche Tannine die Aromatik in ein langes Finish? Auch wenn die Weingilde-Probengäste nicht jeder Beschreibung in allen Details zustimmen konnten: Die meisten zeigten sich beeindruckt von der Komplexität, Tiefe und Schönheit der vorgestellten Bordeaux-Rotweine.
Zugleich wurde bei der Probe über die schwere Krise des Anbaugebietes informiert: Die massive Überproduktion von Rotwein soll mit der Rodung von riesigen Flächen eingedämmt werden. Die aktuell überproduzierte oder bereits aus Vorjahren vorhandene Menge wird zum Teil destilliert. Trotz der extrem niedrigen Erntemengen 2024 in Frankreich kann nicht mit einem Preisanstieg gerechnet werden: Der Konsum sinkt weiter kräftig, die Produktionskosten steigen weiter – die Schere zwischen Kosten und Erlösen geht für viele Weinbaubetriebe zu stark auseinander. Immer mehr Weinberge liegen brach, weil sich die Bewirtschaftung nicht mehr lohnt.
Viele Winzer sind deutlich älter als 50 Jahre, finden weder Nachfolger noch Käufer für ihre Weinbergsflächen. Umfragen zeigen, dass rund ein Viertel der Bordeaux-Winzer ihren Beruf aufgeben wollen. Für viele bedeutet die geförderte Rodung die einzige Chance aus der Weinbranche auszusteigen und zumindest eine kleine Entschädigung zu erhalten. Inzwischen hat die EU grünes Licht gegeben für einen 120-Millionen-Euro-Rodungsplan der französischen Regierung. Diese Beihilfen sollen als direkte Zuschüsse an Winzer gezahlt werden, die sich verpflichten, Weinberge endgültig zu roden – und damit ihre Rebfläche dauerhaft zu verkleinern. Denn nicht nur der Export ist eingebrochen. Auch der Absatz im Heimatmarkt geht rasant zurück: Weinbauexperten und Politik suchen nach Auswegen aus der Krise. Eine Bordeaux-Offensive geht Richtung Bio und Nachhaltigkeit; auch die Wein-Stilistik und das Image sollen sich in den nächsten Jahren ändern.
„Das ist es, was unsere Weingilde ausmacht: Wir trinken nicht nur Wein mit Maß und Stil – wir befassen uns mit der Weinkultur, der Geschichte, der Gegenwart und mit den Zukunfts-Perspektiven“, so Weingilde-Vorstandsmitglied Robert Eberle. Mit Blick auf die Krisen-Signale in der Weinwirtschaft – nicht nur in Frankreich – kündigt die Weingilde Bergstraße an, sich im Jahr 2025 gezielt verstärkt mit “Zukunftsweinen” zu beschäftigen: Mit aktuellen Trends und dem kräftigen Wandel in der Weinwirtschaft – auch in Deutschland. Am 15. Februar 2025 ist erneut eine Fahrt zur Weinmesse nach Straßburg geplant – zusammen mit dem Deutsch-Französischen Freundeskreis Bensheim-Beaune.
Sommerfest-Freuden mit Weinwirtschafts-Sorgen
Gebietsweinkönigin Katja zu Besuch bei der Weingilde Bergstraße
Es war ein für alle Gäste unvergesslich schöner August-Abend (am 17.8.) im Innenhof des ältesten Fachwerkhauses Südhessens – dem Walderdorffer Hof in Bensheim: Katja Simon (Zwingenberg), die Gebietsweinkönigin 2024/2025, hat das Sommerfest der Weingilde Bergstraße besucht und die rund 40 Weinfreundinnen und Weinfreunde dort beeindruckt – mit ihrem Talent, auf Menschen zuzugehen und ihrer Weinkompetenz. Die Weinkönigin warb bei der Gilde für Weine aus der Region: Bei aller Faszination der Vielfalt des Angebots aus aller Welt müsse im Blick bleiben, auch die hier produzierten Weine und Sekte zu konsumieren. Nur mit nachhaltiger Unterstützung der Verbraucherinnen und Verbraucher könne es dem Weinbau zumindest teilweise gelingen, die bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebte Kulturlandschaft mit Weinbergen an der Bergstraße zu erhalten.
„Partnerschaftlich auf Suche nach Zukunftsperspektiven im Weinbau“
Die Weingilde wählte zum Sommerfest 2024 aus ihrem Fundus gezielt nur Weine aus der Region beziehungsweise aus Deutschland aus. Gilde-Vorsitzender Manfred Berg hatte in seiner Begrüßungsansprache die Krise der Weinwirtschaft und ihre vielfältigen Gründe thematisiert: „Es wird mehr erzeugt als konsumiert: Es gibt also ein Überangebot, das sich auf die Preise und damit auch auf die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Betriebe – auch an der Bergstraße – auswirkt.” Berg verwies auf den zurückgehenden Alkoholkonsum vor allem bei jüngeren Leuten sowie aktualisierte Empfehlungen von Ernährungsexperten, völlig auf Alkohol zu verzichten: Weil es mit Blick in aktuelle Studien offenbar „keine potenziell gesundheitsfördernde und sichere Alkoholmenge für einen unbedenklichen Konsum“ gebe.
Die Weingilde Bergstraße ist Mitglied der Bewegung „Wine in Moderation“, die sich für einen Weinkonsum mit Maß und Stil einsetzt: Das Kulturgut Wein – seit Menschengedenken fester Bestandteil des Lebens, der Kultur und Ernährung – soll verantwortungsbewusst konsumiert werden und auch in Zukunft ein beliebtes Genussmittel zu Mahlzeiten und bei geselligen Anlässen bleiben. So gab es beim Weingilde-Sommerfest 2024 viele spannende Themen, um mit Weinkönigin Katja und den anderen Gästen ins Gespräch zu kommen – über die Rolle des Weins, die Kunst des Weinbaus und dessen Zukunftsperspektiven in der Region.
Weingilde sichert Königin und Weinbauverband Unterstützung zu
Katja Simon war im Juli 2024 im Rahmen des Heppenheimer Weinmarktes zur Repräsentantin des Weinanbaugebietes Hessische Bergstraße gekrönt worden. Die Weingilde hat ihr zu diesem neuen Amt gratuliert und Unterstützung zugesagt: Wie bei Johannes Bürkle, der zum neuen Vorsitzenden des Weinbauverbandes Hessische Bergstraße gewählt wurde – in einer für den Weinbau erkennbar schwierigen Phase. Während die Preise vor allem für Weine aus steileren Lagen eigentlich deutlich angehoben werden müssten, um stark steigende Kosten (für Löhne, Energie, Pflanzenschutz und Flaschen etc.) aufzufangen, leidet die Branche unter einem Überangebot durch weltweit zurückgehenden Konsum und Erntemengen, die mehrfach über den Prognosen lagen (zum Nachlesen dazu – z. B. beim Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft (iwd): Weinmarkt in der Krise oder im Fachmagazin “Weinwirtschaft”: “Weinverkauf sinkt weiter” .
Ziel: „Bergsträßer Wein in seiner Vielfalt bewahren“
Ziel der Weingilde Bergstraße ist „die Pflege und Förderung des Verständnisses für den Umgang mit dem Wein als einem überlieferten Kulturgut und einem Element unserer Lebenskultur“ (Satzung). Die Gilde will Erkenntnisse zum Beurteilen von Wein vermitteln, über soziale und wirtschaftliche Verhältnisse im Weinbau informieren, zum Beschäftigen mit der Kulturgeschichte des Weines anregen und dazu beitragen, „den Bergsträßer Wein in seiner Vielfalt zu bewahren und ihm zusammen mit den anderen deutschen Weinen den gebührenden Platz unter den europäischen und außereuropäischen Weinen zu erhalten.“
Fotos: rge / Weingilde Bergstraße.
Weinmesse Straßburg
Die Weingilde besuchte am 17.2. zusammen mit dem Partnerschaftsverein Beaune die Weinmesse in Straßburg. Sage und schreibe 501 unabhängige Winzer aus ganz Frankreich präsentierten ihre Weine, darunter auch zahlreiche Bio-Winzer. Alle französischen Weinregionen waren vertreten und der Besucher konnte sich auch auf Rillettes-Sandwich freuen, Salami, Schinken, Foie Gras, Austern und Schnecken und süße Schleckereien wie Nougat oder Macarons.
Diese Weinmesse ist keine Messe, bei der sich Aussteller mit großen Budget in die erste Reihe stellen dürfen. Es ist eine Art basisdemokratische Messe: Alle Weingüter haben den gleichen standardisierten Messestand: eine ca. 2 m breite, schlichte Theke und dahinter vielleicht 10 m² Platz für die Leute vom Weingut, den Kühlschrank und die Stapel aus Weinkisten. Alle Stände haben ein einheitliches rundes Schild mit dem Namen des Weingutes und einer Farbfläche für die Zuordnung zu einer Region. Hier drängt sich keine große Anbauregion in den Vordergrund. Kein profilierungssüchtiger Winzer kann mit einem aufwendigen Standdesign protzen, alle sind gleich. Sogar die Platzierung innerhalb der Halle scheint gelost zu sein und ohne Begleitheft sehr schwierig zu durchschauen. Aber alle kompetent, geduldig und mehrsprachig in Erklärungen, Verkostungen und Berichten über Weingut, Rebsorte und Region. Großartig und erfahrungsreich, aber auch ziemlich anspruchsvoll und anstrengend.
Rebsorten und Eindrücke aus dem Baskenland
Die Weingilde Bergstraße startet ins Jahresprogramm 2024.
Wer kennt Hondarrabi Beltza, Viuda Negra Rioja und Izadi oder Txakoli? Das sind typische Rebsorten im Baskenland. Neben diesen einheimischen Sorten sind aber auch Folle Blanche, Petit Manseng und Gros Manseng zugelassen. Aufzeichnungen belegen, dass Txakolí-Weine schon im 9. Jahrhundert produziert wurden, damals allerdings im Landesinnern des Baskenlandes und nicht wie heute hauptsächlich im Küstengebiet.
Bisher ist das Baskenland als Weinbauregion nur selten in Erscheinung getreten. Die Region war eher für ihre Sehenswürdigkeiten, die Landschaft und leider auch für die vorwiegend terroristischen Aktivitäten der ETA bekannt.
Mit einer Weinprobe aus dem spanischen Baskenland (spanisch: País Vasco / baskisch: Euskadi) startet die Weingilde Bergstraße am 19. Januar um 19.30 Uhr in der Scheune vom Walderdorffer Hof in Bensheim in ihr Jahresprogramm 2024. Gäste sind auch hier gegen eine Kostenbeteiligung willkommen.
Cornelia und Robert Eberle, beide Gründungsmitglieder der Weingilde Bergstraße, haben die im grünen Norden Spaniens an der Atlantikküste gelegene Weinbauregion besucht und neben vielen Eindrücken und Fotos neun verschiedene Weine mitgebracht. Zum Beispiel Weine von der weißen Rebsorte Hondarrabi Zuri – mit dem daraus gekelterten Txakolí. Diese autochthone Rebsorte wächst im Baskenland auf fast achtzig Prozent der oft steilen Rebflächen: Den leichten, trockenen Weinen wird eine Ähnlichkeit mit dem deutschen Riesling zugeschrieben – auf die Mitglieder und Freunde der Weingilde Bergstraße wartet also ein interessanter Vergleich.
Das Baskenland gilt als eine Hochburg des Genusses. So präsentieren die Referenten auch Fotos aus dem Baskenland – zum Beispiel aus der Hauptstadt Vitoria-Gasteiz, den Städten Bilbao und San Sebastián (San Sebastian gilt als die Stadt mit den meisten Michelin-Sternen im Verhältnis zur Einwohnerzahl weltweit). Die Tapas dort sind oft kulinarische Kunstwerke, zu denen die Basken meist ihren Txakolí trinken. Neben diesem säurebetonten Weißwein, der die Frische des nahen Atlantiks verkörpern soll und seit einigen Jahren eine Renaissance erlebt, stehen auch Rotweine auf dem Weingilde-Probenprogramm, die aus dem Anbaugebiet „Rioja Alavesa“ stammen – der baskischen Provinz Alava. Die Präsentation wird auch Fotos und Proben von Betrieben enthalten, die Touristen nicht nur mit ihren Weinen, sondern auch mit ihrer modernen Architektur anlocken.
Text. Robert Eberle und Winfried Christ
Fotos: Robert Eberle
Weinlese
Diese Rebsorte ist “Kult” an der Hessischen Bergstraße: Roter Riesling.
Weinlese an der Hessischen Bergstraße
Weinlese an der Bergstraße hat begonnen
In diesen Tagen hat an der Hessischen Bergstraße die Lese der früh reifenden Sorten begonnen.
Jahrgang 2020: viel versprechend
Der Zustand der Trauben lässt einen feinen Jahrgang erwarten. Die Reife ist gut fortgeschritten, die Trockenschäden sind verhältnismäig gering.