Jahrgang 2018 – Weine aus Burgunderreben von der Hessischen Bergstraße

Erleben wir den “Klimawandel”? Oder war der heiße und ungewöhnlich trockene Sommer des vergangenen Jahres nur eine Laune der Natur? Wohl eher nicht, denn die Klimaforscher berichten, dass der Juni 2019 der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen war. Müssen wir uns auch in diesem Jahr auf sommerliche Temperaturen einstellen, die wir bislang aus den Regionen südlich der Alpen kennen? Für den Weinbau insbesondere an der Hessischen Bergstraße hätte dies Konsequenzen. Die Winzer hier sind zu Recht stolz auf ihre Rieslinge, die mit mehr als der Hälfte der bestockten Rebfläche den Kern des Weinbaus ausmachen. Für den Riesling war das Jahr 2018 zu warm. Er mag es eher kühl: sonnige, nicht zu heiße Tage, und insbesondere kühle Nächte. Er braucht ausreichende Niederschläge, aber nicht zu viel Regen in der Phase der Reife. Dann gibt es Weine mit den charakteristischen Eigenschaften des Rieslings: fruchtig, nicht zu viel Alkohol, spritzig mit feiner frischer Säure.

Im Gegensatz dazu sind in Südeuropa heimischen Rebsorten an eher heißere und trockenere Sommer sowie milde Winter angepasst. Die Reben der Burgunderfamilie gehören dazu. Der Spätburgunder ist mit großer Wahrscheinlichkeit im Vorderen Orient aus Wildreben entstanden. Vor gut 2000 Jahren begleitete er die damaligen Kulturvölker nach Südfrankreich und kam im 9. Jahrhundert an den Bodensee. Farbmutanten sind z.B. der Weiße Burgunder und der Grauburgunder, der Frühburgunder und der Schwarzriesling. Aus Kreuzungen mit dem weißen Heunisch entwickelten sich u. a. der Chardonnay und der Auxerrois.

Spätburgunder: Stammvater der Burgunderreben

Noch Mitte der 2. Hälfte des letzten Jahrhunderts waren Burgunderreben in unserer Region eher selten. Chardonnay begann erst zu Beginn der 1990er Jahre an der Bergstraße heimisch zu werden.

Das Weingut Freiberger war eins der ersten Weingüter, die diese weltweit hoch geschätzte Rebsorte an der Hessischen Bergstraße planzten. Die Reben stehen auf dem Steinkopf, dort, wo der Löss den Buntsandstein überdeckt. Frische Fruchtigkeit, die nicht vom recht hohen Alkoholgehalt überdeckt wird, zeichnet den Wein aus. Ebenfalls auf dem Steinkopf wächst der Rosa Chardonnay, der eine Farbmutation des weißen Chardonnay ist. Die Bergsträßer Winzer eG baut diesen aromatischen Wein aus, der an exotische Früchte erinnert.

Drei Weißburgunder von den Weingütern Götzinger, Jäger und Koob/Lulay standen auf der Liste der Probenfolge der Weingilde, die verdeckt verkostet wurden. Denn ein 2017er stand in der Serie. Dieser zeigte die bekannten frischen Aromen nach grünem Apfel und Limette, die die 2018er nicht haben und eher an reife Früchte erinnern.

Im Spektrum der Weine von der Bergstraße füllt der Auxerrois eine Nische. Für die Verkostung kam der Wein von Simon-Bürkle ins Glas. Die Reben stehen im Alsbacher Schöntal und wachsen auf Löss, Sandlöss und Lösslehm. Honig, Honigmelone und ein leichter Bittermandelton kennzeichnen den Wein.

Die drei Grauburgunder zeigen eine jeweils unterschiedliche Handschrift der Winzer. Schloß Schönberg bringt einen schlanken Wein mit filigranen Aromen ins Glas. Die Reben stehen auf Lössboden im Fürstenlager. Ganz anders präsentiert sich der Grauburgunder aus dem Centgericht. Die Lage reicht schon ins ehemalige Bett des Neckar hinein, hat eine mächtige Schicht Löss und ist wohl die Lage, die als letzte trocken fällt. Der Wein kommt mit üppigen Aromen und dezenter Holznote aus dem Keller des Staatsweingutes. Das Weingut Edling in Roßdorf bringt einen Grauburgunder mit leicht rosa Farbton: der Most hat eine Nacht auf der Maische gestanden. Ein kräftiger Wein mit voller Frucht. Die Reben stehen auf dem Westhang des Roßberges. Der Roßberg ist ein erloschener Vulkan, der bis 280 m hoch ist und aus Basalt, Basaltverwitterung mit Löss- und Lehmauflage besteht.

Die Spätburgunder aus dem Jahr 2018 sind noch längst nicht abgefüllt, sie reifen noch in den Holzfässern. Vom Weingut der Stadt Bensheim und vom Weingut Rothweiler gab es zur Abrundung der Verkostung jeweils eine Faßprobe. Die Reben vom Weingut der Stadt wachsen auf dem Bensheimer Kirchberg, Braunerde auf Granitverwitterung, die vom Weingut Rothweiler im Heppenheimer Eckweg, tiefgründiger Löss und Lösslehm ebenfalls auf Granitverwitterung. Die Drittbelegung zum einen, die Zweitbelegung von Barriquefässern zum anderen lassen das Potenzial beider Weine erkennen. Gespannt dürfen die Weingeniesser sein, wie sich die Weine im Laufe der Jahre entwickeln werden.

Jeder der verkosteten zehn Weine des Ausnahmejahrganges 2018 ist ein eigenständiger Charakter. Zehn Winzer haben es beeindruckend verstanden, aus den Früchten, die so gesund wie selten aus den Weinbergen kamen, ein Bukett feinster Bergsträßer Burgunderweine zu kreieren .

Quellen: Erika Maul, jki-Geilweiler Hof, Burgunder; Deutsches Weininstitut; Eric Barnert, Stein & Wein; Hillebrand, Lott, Pfaff, Taschenbuch der Rebsorten