Der Weinautor und -kritiker Stuart Pigott ist in seiner Kolumne “Reiner Wein” am 30. Oktober 2016 in der Frankfurter Sonntagszeitung der Frage nach gegangen, warum manche Weingebiete berühmt, andere aber nur Insidern bekannt sind. Sein Beispiel ist das Weingebiet Südburgenland mit seinem Hauptort Eisenstadt, wo Ende des 18. Jahrhunderts der Komponist Joseph Haydn gelebt und für den Fürsten Esterházy gearbeitet hat.
Natürlich sind Weine aus wenig bekannten Gebieten deutlich preiswerter als vergleichbare Qualitäten aus berühmten Regionen. Stuart Pigott räumt aber bereits zu Beginn seiner Kolumne mit dem Vorurteil auf, dass die heute vielfach teureren Weine auch vielfach besser sein müssten. Und er belegt das mit den Ergebnissen seiner Verkostung von Weinen aus Eisenstadt.
Eisenstadt liegt südöstlich von Wien, nicht weit von der ungarischen Grenze, die bis zum Ende des 20. Jahrhunderts Teil des “Eisernen Vorhangs” war. Es liegt weit entfernt vom Meer und von der Donau als großem schiffbaren Fluß. Und es hat heute eine Rebfläche von nur rd. 500 ha. Insgesamt ist das eine denkbar ungünstige Voraussetzung für einen florierenden Weinhandel, über den eine Region bekannt wird und buchstäblich “in aller Munde” ist.
Das Bordelais dagegen, so führt Stuart Pigott aus, verfügt mit Bordeaux über einen Hafen und hat als Appellation gut 115.000 ha. Und berühmt geworden sei die Region auch deswegen, weil dort Mitte des 17. Jahrhunderts begonnen wurde, “Rotweine mehr oder weniger in der heutigen modernen Art zu erzeugen und zu exportieren”. Aber: wie das Beispiel Eisenstadt zeigt, unter dem Gesichtspunkt der Qualität hat die Mehrzahl der Weinregionen den damaligen Vorsprung längst wett gemacht.