In den Weingärten wird derzeit geschnitten. Standard ist, dass ein bis zwei Ruten stehen bleiben, die auf wenige Augen eingekürzt werden. Aus diesen entwickeln sich die neuen Fruchttriebe. Das sorgfältige Schneiden, Biegen und Anbinden der stehen gebliebenen Ruten ist Handarbeit, personalintensiv und zeitaufwändig.
Beim Gang durch die Weingärten fallen aber auch immer wieder Rebzeilen auf, die wie eine Hecke wirken. Die alten Triebe sind nicht entfernt worden. Hier hat sich der Weinbauer für die Technik des Minimalschittes entschieden. Ziel ist, die aufwändige Arbeit des Schneidens zu vermeiden und somit Kosten zu sparen. Minimalschnitt erfolgt i.R. maschinell.
In den 1970er Jahren wurde das Minimalschnitt-Erziehungssystem in Australien großflächig erprobt. Die Weinbauern beschränkten sich im Wesentlichen auf das Einkürzen der nach aussen gewachsenen Triebe. In Deutschland wurde das System seit Mitte der 1990er Jahre auf seine Eignung getestet. Die Versuche entwickelten sich im Hinblick auf Wachstum und Reife der Trauben nicht negativ. Doch stellte sich heraus, dass die Tragrahmen für die Last von Holz, Laub und Trauben nur selten geeignet waren. Denn bei diesem “klassischen” Minimalschntt entwickelten sich Laubwände bis zu einer Breite von 130 bis 160 cm. Ein größerer Zeilenabstand und eine Verstärkung der Tragsysteme wurden erforderlich.
Im Jahr 2009 gab es in Bad Kreuznach erste Versuche mit einem neuen Sytem, dem Minimalschnitt im Spalier. Realisiert wurde eine Laubwandbreite von 50 bis 80 cm. Dieses System zeigte sich auch für die in Deutschland übliche Zeilenbreite geeignet. Und im Vergleich zum klassischen Minimalschnitt ist die schlankere Laubwand besser belüftet. Doch auch bei dieser Erziehung ist eine Reduzierung des Laubes im Sommer notwendig, um die Sonneneinstrahlung zu verbessern. Gleichwohl zeigt die Erfahrung, dass der Prozess der Traubenreife verzögert wird und dass möglicherweise mit geringeren Mostgewichten zu rechnen ist. Insgesamt ist beim Minimalschnitt viel mehr Laub an den Stöcken, was zu höherem Wasserbedarf der Pflanze führt. Auch eine zusätzliche Fungizidbehandlung kann wegen der verzögerten Reifezeit erforderlich werden. Und die Erfahrung zeigt, dass die Erträge tendenziell steigen (Qualität!), die Ertragssicherheit dafür aber höher ist.
Die Weinbauern müssen die Vor- und Nachteile der konkurrierenden Systeme sorgfältig abwägen. Ein Rückgang vom Minimalschnitt auf die bekannte Drahtrahmenerziehung dürfte wohl nicht möglich sein. Quelle: das deutsche weinmagazin, Mai 2016