Erstaunliches konnte man am Freitag 16.6. bei der Verkostung von deutschen Weißweinen der Weingilde erleben und erschmecken. Zum einen wird auch hier ein Trend erkennbar vom alkoholfreien Wein über PIWI-Weine zu biodynamischen Weinanbau, mit einem Wein aus der Bierflasche und weiter zu einer eigenen Cuvee-Zusammenstellung mit Weinen von der Bergstraße; zum anderen wird auch Wert auf Qualität und Tradition gelegt, denn man möchte den Winzer kennen.
Von Brigitte Hamer wird ein alkoholfreier trockener und mit dem Saft unreifer Trauben (Verjus) veredelter Wein vom Weingut Dr. Hinkel aus Framersheim/Rheinhessen vorgestellt, der in der Beschreibung von einem spannenden Süß-Säure-Spiel spricht und wo die Frucht des Rieslings mit der Spritzigkeit des Verjus für eine Mundfülle und einen gewissen Nachhall sorgt.
Wie die anschließende Diskussion zeigt, gilt auch hier wie bei den folgenden PIWI-Weinen: man muß neu denken und neu schmecken. Nicht einfach für die Mitglieder der Weingilde, die hier nicht nach dem Grundsatz “er schmeckt oder er schmeckt nicht” verfahren, sondern schon versuchen tiefer in diese neuen Produktlinien einzusteigen mit dem Wissen, daß hier qualitativer Weingenuss auf eine neue Art revolutioniert wird und der Verbraucher so die Möglichkeit bekommt, neue unentdeckte Pfade zu erkunden.
Franz Turber stellt einen Cabernet Blanc trocken vom Weingut Bassermann-Jordan aus der Pfalz vor, eine Rebsorte die man ohne Zweifel zu den erfolgreichsten PIWI-Neuzüchtungen (1991) zählen kann; er erinnert ein wenig an einen Sauvignon blanc. Dieser Cabernet erscheint nicht auf der offiziellen Seite des Weingutes.
Stephanie Berg probiert es mit einem PIWI aus Sauvignac und Johanniter in der Bierflasche vom Weingut Galler aus der Pfalz. Die Bierpfandflasche ein klares Signal zu Nachhaltigkeit und ein um 80 % reduzierter C0 2 Verbrauch. Stichwort: ein naturbelassener Wein aus glücklichen Trauben, alles bio und vegan.
Ein Franken-Silvaner trocken vom Weingut Helmut Christ aus Nordheim wird von Winfried Christ vorgestellt (nicht verwandt oder verschwägert, auch kein Trauzeuge). Der Winzer war einer der ersten, der sich sich Bio und ökologisch auf die Fahne geschrieben hat – seit 50 Jahren – und schon lange Mitglied in Demeter ist; biodynamisch und antroposophisch mit Weinen in den besten Lagen.
Der Nahe haben sich Jens Giesecke und Monika Scheufler verschrieben. Monika präsentiert eine Scheurebe-Gutswein trocken vom VDP-Winzer Johann Baptist Schäfer aus Rümmelsheim. Ein Wein mit kühler, herber Würze und einem saftigen Fruchtspiel. Nach den PIWI- und Bio-Weinen scheint man sich unter den Teilnehmern zu freuen, auch noch so einen Wein ins Glas zu bekommen. Das wird von Jens mit seinem Riesling Gutswein auf Vulkanboden Melaphyr vom Weingut Jakob Schneider aus Niedernhausen, das seit 1575 in der Familie ist, fortgesetzt, der seine typischen Rieslingnoten von Pfirsich und exotischen Früchten frei gibt.
Björn Höser bringt eine Eigen-Creation mit, eine Cuvee aus Auxerrois und Ehrenfelser mit der Bezeichnung Auerbacher Fürstenlager Frihmess, ein Wein mit Pfirsich und Honignoten, den es nur in einer begrenzten Auflage von 520 Flaschen gibt Darauf muß man erst mal kommen, diese beiden Rebsorten zusammen zu führen.
Und noch einmal zum Weingut Bassermann-Jordan mit Niko Wachtel, der den Sauvignon Blanc vorstellt, wobei die Burgunder-Rebsorten bei Bassermann-Jordan bewusst ohne Lagenbezeichnung angeboten werden, da bei diesen Weinen, der Rebsortencharakter im Vordergrund steht. Ein herrlicher Sommerwein mit seiner typisch exotischen Aromatik.
Eine gelungene Verkostung, die die Teilnehmer vor neuen Herausforderungen stellt: altgewohnte Geschmacksrichtungen verlassen, Neues aufnehmen, Vorurteile abbauen und wieder mal dazu lernen.